Logo für Hannes Niederhausen Autorenseite

Hannes Niederhausen

Herzlich willkommen auf meiner Autorenseite.

StraBaLympiade

»LVB! Ich hasse Straßenbahnfahren!«

Ich sitze im Wartehäuschen, Hans Dieter läuft vor mir ein Loch in den Boden und wedelt mit den Armen.

»Du siehst das völlig falsch«, sage ich und lehne mich entspannt zurück. »Straßenbahnfahren macht Spaß.«

»Was bitte soll denn an Straßenbahnfahren Spaß machen?«

»Na du musst das sportlich sehen«, antworte ich. Hans Dieter sieht mich komisch an.

»Denk mal nach. Was machst du zuerst, wenn du in eine Bahn steigst?«

»Die Luft anhalten«, sagt er. Ich nicke. »Anfängerfehler. Mit der Zeit gewöhnt man sich an die Luft.«

»Wirklich? Auch im Sommer?«

Ich überlege kurz und nicke erneut. »Auch im Sommer.«

»Und was machst du, wenn du einsteigst?«

»Ich sehe zu, dass ich zu meinem Platz komme.«

»Und du weißt sofort, wo der ist.«

Ich blinzele. »Du weißt schon, dass Straßenbahnen Scheiben haben.«

Hans Dieter sieht mich nachdenklich an. »Na gut. Dann sitzt du. Toll. Das ändert nichts an Geruch, Wärme und Lautstärke.«

Ich lächele den Unwissenden an.

»Der erste Platz ist doch nur der Anfang.«

»Hä?« Hans Dieter kratzt sich den Kopf. »Was für ein Anfang?«

»In der Regel«, beginne ich meinen Vortrag mit erhobenem Zeigefinger, »bekommt man zu Beginn immer nur einen schlechten Platz.«

»Schlechten Platz?« Ich nicke bedeutungsvoll. »Am schlimmsten sind die Reihensitze. Du weißt schon, die Kuschelsitze.« Hans Dieter nickt schaudernd. »Dann gibt es die Sitze, auf denen man mit dem Rücken zur Fahrtrichtung fährt. Da kann ich nie lesen – Übelkeit.« Hans Dieter nickt verstehend. »Und dann die Plätze in Fahrtrichtung. Okay sind die Vierergruppen – auch wenn die Beinfreiheit nachlässt, ideal sind natürlich die Einzelsitze.«

Hans Dieter nickt, hält kurz inne und schüttelt dann den Kopf. »Wenn ich sitze, sitz ich.«

»Jaja, Anfängerfehler. Kein Wunder, dass du Dich langweilst.«

»Ich langweile mich nicht!«

»Pass auf«, beginne ich und Hans Dieter sieht mich argwöhnisch an. »Wir üben das.«

»Üben? Wie genau?« Hans Dieters Augen waren fast vollständig zugekniffen.

»Wir machen einfach einen Wettkampf daraus. Die StraBaLympiade!«, erkläre ich. »Wir steigen am Ende der Bahn ein und während der Fahrt arbeiten wir uns vor. Nur freie Plätze sind erlaubt. Wer seinen Platz verliert, fängt noch mal an.«

»Und was«, beginnt Hans Dieter in seinem nachdenklichen Ton, »wenn ich einer bedürftigen Person den Platz räume.«

Ich lächele bedächtig und schüttele langsam den Kopf. »Anfängerfehler.«

»Und was tust du dagegen?«, fragt Hans Dieter und zeigt auf die Ankunftsanzeige, die uns seit 20 Minuten mitteilt, dass die Bahn in 5 Minuten kommt. Ich zuck die Schultern, lehne mich zurück und schließe die Augen.

»Nicht hinsehen«, sage ich.

Fünf Minuten später kommt unsere Straßenbahn endlich an. Hans Dieter starrt angespannt durch die Scheiben und grinst. Mich beschleicht das Gefühl, einen Fehler begangen zu haben. Kurz darauf sitzen wir uns gegenüber auf Reihensitzen. Hans Dieter ist umzingelt von Jugendlichen, die mit ihrem Handy beschäftigt sind, neben mir macht sich ein adipöser Mittvierziger breit, auf der anderen Seite eine grauhaarige Frau mit einem Kindle in der Hand. Ich lasse meinen Blick über den Schirm streifen, mehr als zehn Worte passen bei der eingestellten Schriftgröße nicht drauf. Ich seufze. Nichts wie weg! Die Bahn fährt los, ich entschuldige mich bei meiner lesenden Sitznachbarin für den ungewollten Körperkontakt, doch sie blättert unentwegt weiter in ihrem Buch. Ob das dieses Speedreading ist, von dem jetzt alle reden?

Ich sehe vor zu Hans Dieter und der grinst mich an. Verdammt, ich hab mich ablenken lassen. Ich sehe nach vorn und mein Blick erkennt sofort die Rentnerin drei Plätze weiter vorn, die ihre Tüten fest packt. Sie wird aussteigen, der Platz wird frei und Hans Dieter will ihn haben. Sein Blick ist eindeutig.

Die Bahn hält, Hans Dieter springt auf, doch, bevor er sich auf den leeren Platz setzen kann, ist dieser schon nicht mehr leer. Mit gesenktem Kopf setzt er sich schnell zwischen die Teens zurück. Ich grinse ihn nur dämlich an. »Anfängerfehler«, formt mein Mund lautlos und Hans Dieter kneift seine Augen zusammen. Natürlich ist mir sofort der alte Mann aufgefallen, der angespannt auf die Frau starrte. Und noch bevor Hans Dieters Hintern sich von seinem Sitz löst, war der Mann schon auf dem Platz.

Die nächsten Haltestellen sind wir beide gut vorangekommen. Keine Kunst, wurde es doch kurzzeitig ausgesprochen leer in der Bahn. Jetzt wird es spannend. Wir sind im vorderen Viertel der Bahn. Sie ist gut gefüllt und ich befürchte, dass während der nächsten Stopps gar kein Platz frei werden würde. Ein Kontrolleur lenkt mich ab und Hans Dieter springt auf einen leer gewordenen Sitz zwei Reihen vor mir. Ich knirsche mit den Zähnen, reiche meine Jahreskarte und behalte Hans Dieter im Blick. Der Bär, in dessen Tatze der Scanner aussieht wie ein Tamagotchiei, folgt meinem Blick und sieht mich argwöhnisch an. Dass ich dann auch noch aufspringe, im Gehen meine Karte annehme und mich neben Hans Dieter werfe, verringert seinen Argwohn auch nicht. Hans Dieter grinst mich an, während er seine Fahrkarte zeigt.

»Hast recht. Das macht Spaß.«

Wir sitzen in einem Viererblock. Hans Dieter hat den Fensterplatz neben mir, und wir beide sitzen in Fahrtrichtung. Uns gegenüber: ein Kleinkind und seine Oma. Das Kind zeigt ständig Autos durch das Fenster und Oma nickt geduldig. Dann passiert es. Der finale Platz wird frei. Ich springe auf, Hans Dieter zieht mich zurück, ich stoße ihn weg, ein Schrei. Hans Dieter ist auf die Oma gefallen, schafft es aber noch, mich zur Seite zu stoßen. Ich falle auf eine Frau im Anzug und werfe dabei ihren E-Book-Reader herunter. Die Schrift kann ich kaum erkennen – zu klein. Ich stoße mich von der Frau ab, um den Schwung noch irgendwie ausnutzen zu können, dann spüre ich erneut eine Kraft meine Bewegung beeinflussen. Diesmal ist es jedoch der Kontrolleur, der mich am Kragen packt. Ich sehe noch im Augenwinkel, wie sich ein kleines Mädchen auf den begehrten Platz setzt, und seufze.

»Ihr spinnt ja wohl!«, sagt der Kontrolleur in die Runde und verfrachtet mich, und wie ich bemerke auch Hans Dieter, zur Tür.

»Hat der uns gerade wie Katzenbabys am Hals gepackt?«, frage ich, mir den Nacken reibend.

Hans Dieter nickt. »Fühlt sich so an.«

Die Tür geht auf, ein weiterer Schubs, und wir stehen auf der Straße. Ich drehe mich zu Hans Dieter.

»Wo sind wir eigentlich?«, frage ich.

Hans Dieter zuckt mit den Schultern.

»Glaub, wir hätten schon vor sechs Haltestellen aussteigen sollen.«

»Hm«, sage ich nachdenklich, »Rückrunde?« Ich zeige auf die Bahn, die in entgegengesetzter Richtung auf uns zukommt.

Hans Dieter lächelt und wir wechseln die Straßenseite.

Begleite mich bei der Entwicklung meines neuen Buchs auf Patreon!

Als Unterstützer bekommst Du Zugriff auf einen wöchentlichen Planungsbericht, exklusive Kurzgeschichten und die komplette Kurzgeschichtensammlung als E-Book!

Hier gehts zur Patreon-Seite: https://www.patreon.com/hannesniederhausen

Jetzt erhältlich!

Sanitöter

»Aber aufgeben, weil es einfacher ist, das ist falsch.«

Deutschland, 2035. Die durch den Klimawandel verursachten geringen Ernten zwingen die rechte Regierung, die Bevölkerungszahl zu verringern. Ihre Lösung ist das dreizehnte Sozialgesetzbuch, das medizinische Behandlungen untersagt.

Susanne Bergmann ist überzeugte Euthanasistin. Ihre Aufgabe ist es Kranke von ihrem Leid zu erlösen, wenn sie es denn wollen. Als Tochter des Schöpfers des SGB XIII wird sie widerwillig von der Reporterin Kira Sommer begleitet.

Die Krankenpflegerin Maria Kaya findet ein Baby in der Notaufnahme und infiziert sich mit dem für ihr Kind tödlichen Körner-Virus. Ihre Behandlung wird von ihrem Vorgesetzten verweigert, deshalb muss sie mit Susanne Bergmann über die »Erlösung« des Babys sprechen. Sie wird vor eine schwierige Entscheidung gestellt.

Angestachelt durch Kira Sommer, beginnt Susanne Nachforschungen über den Ursprung von Marias Infektion. Dabei stößt sie auf immer mehr Ungereimtheiten. Um das Baby zu retten, muss sie alles hinterfragen, woran sie glaubt.

Tauchen Sie ein, in eine erschreckende Zukunftsvision, auf deren Weg wir uns schon befinden!

Jetzt Kindle-ebook bestellen

Jetzt das Taschenbuch bestellen

Jetzt das gebundene Buch bestellen