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Hannes Niederhausen

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Phone

Manche Leute haben ihr ganzes Leben im Telefon. Meine Mutter sagte dies oft. Meine Großmutter erzählte immer vom ersten Mobiltelefon ihres Mannes. Meistens stand es nur im Haus oder im Büro herum. Mobil war es selten, sagte sie immer. Nun, mein Großvater war auch nicht gesetzlich verpflichtet, sein Phone bei sich zu tragen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich liebe mein Phone, aber genau da liegt das Problem im Moment. Ich kann es nicht finden und was noch viel schlimmer ist: Ich weiß nicht, wann ich es das letzte Mal bei mir trug. Beim Einkauf sicherlich, aber das war schon vor vier Stunden. Die Kulanz für Vergessliche liegt bei drei.

Ich kann nicht mehr atmen, sehe mich hektisch um, doch kein Ordnungshüter ist zu sehen. Ich wollte doch nur etwas trinken. Oh nein! Bezahlen kann ich ja auch nicht!

Der Barkeeper sieht mich schon merkwürdig an. Weiß er etwas? Ich sehe mich um, überall liegen die Telefone auf dem Tisch. Der ein oder andere Gast schießt ein Foto von seinem Drink.

»Fotos absolut erwünscht!« steht in großen Lettern an der Wand. Ich wollte doch auch ein Foto machen. Wie erkläre ich das jetzt. Würde der Barmann mir glauben? Würde er die Ordnungshüter holen? Ich schob den Cocktail vor mir weg. Die Kerne des Granatapfels schwebten im Saft, als wollten sie ein besonders schönes Foto abgeben. Ich schluckte, meine Hand kratzte meinen Nacken, zieht einen Bogen über den Kopf, als könnte sie die Erinnerungen an mein Phone aus dem Haar ziehen. Ich musste weg, schnell. Ich kann nicht bezahlen, eine Diskussion kann ich nicht riskieren, ich stehe auf und renne los. Hinter mir ruft der Barkeeper, ich schrei zurück, es täte mir leid, ich zahle später, versprochen. Ich höre das Klicken von Kamerapps, dann bin ich schon auf der Straße.

Hinter mir schreien Menschen, während ich nach links abbiege und die Straße herunterrenne. Zehn Minuten, dann kann ich nicht mehr. Ich lehne mich an eine Hauswand, weiß nicht, wo ich bin und intuitiv greife ich in meine Hosentasche. Kein Telefon, nichts, nicht einmal ein Staubkorn.

Ich lehne den Kopf an die Wand, Tränen laufen meine Wange herunter. Ich muss nach Hause. Dort musste es liegen. Es musste einfach. Was war passiert, nach dem ich die Kasse hinter mir gelassen hatte? Ich kann mich nicht erinnern. Meine Finger kribbeln, als stünden sie unter Strom. Ich möchte Susi anrufen, doch auch das ist nicht möglich. Wo bin ich überhaupt?

Vor mir lacht mich ein leer stehendes Haus an. Es lädt mich ein. Ich könnte mich darin verstecken. Ich lächle verzweifelt und ziehe die Kapuze meines Pullovers über den Kopf und gehe hinein, direkt ins obersten Stockwerk hoch.

Aus dem Fenster sehe ich die graue Stadt. Die Sonne geht unter, und für einen kurzen Moment sehen die Wolken aus wie Bernstein. Dann färben sie sich rot. Ich wünschte, ich könnte ein Foto machen.

Ich schüttel meinen Kopf. Weg mit den Gedanken. Planen. Jetzt!

Ich orientiere mich, finde die Richtung zu mir und bewege mich wieder auf die Straße.

»Da ist er!«

Die Stimme, sie kommt mir bekannt vor, aber nicht von der Bar. Keine Zeit, mich umzusehen. Ich muss weg, laufe erneut los und renne direkt in den Ordnungshüter. Er wirft mich auf den Boden, dann spüre ich ein Knie in meinem Rücken, meine Hände werden gefesselt. Ich schreie auf, als meine Arme drohen, aus den Schultergelenken zu springen. Es braucht ein paar Sekunden, bis sich mein Blickfeld wieder klärt. Karl. Der Ex-Freund meiner Freundin. Er machte ihr schon seit Langem das Leben schwer, aber was macht er hier.

»Das ist der Kerl. Er ist einfach aus der Bar gerannt. Er hat bestimmt kein Phone bei.«

Der Ordnungshüter hinter mir tastet mich ab. Nein, kein Telefon. Wie lange will er wissen. Ich weiß es nicht und er zerrt mich die Straße entlang zu seinem Auto. Ich verstehe immer noch nicht. Karl. Wieso?

Ich sitze auf der Rückbank, der Ordnungshüter steigt ein und Karl hebt sein Phone an. Darauf ein Bild von meinem eigenen. Die Stimme, ich erinnere mich, nach dem Einkauf, ein Zusammenstoß, eine gemurmelte Entschuldigung und nun wusste ich, wo mein Telefon war.

Es wird mir nicht helfen. Das Gesetz ist unbarmherzig. Diebstahl muss innerhalb der Kulanz angezeigt werden, das konnte ich nicht, ich habe es nicht gemerkt.

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»Aber aufgeben, weil es einfacher ist, das ist falsch.«

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