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Hannes Niederhausen

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Nachts sind die Träume besser

»Nachts sind die Träume besser«, rief ich meinen Kollegen hinterher, die sich, den Mienenlaser geschultert, auf den Weg zum Fahrstuhl machten. Ich duschte, ging in die Bar am Ende der Straße und nach zwei Bier mit einem Kumpel aus meiner Schicht ließ ich mich glücklich ins Bett fallen und freute mich auf meinen Traum.

Ich bin auf einem Hügel, um mich herum strahlt mich das Gras an. Es fühlt sich so wohl an. Wieder lässt sie mich warten, wie jede Nacht. Hinter mir höre ich es rascheln, ich drehe mich um und verliere mich in Lauras grünen Augen. Sie strahlen so sehr, wie der Rasen unter meinen nackten Füßen.

»Du kommst spät«, sage ich und sie beugt sich vor, um mich zu küssen. Jede Nacht dasselbe Ritual. Ich nehme ihre Hand und wir laufen, wie tollende Kinder, los. Immer gerade aus in Richtung Wald, wo die Hütte wieder auf uns wartet.

Ich beachte die Einrichtung um mich herum nicht, habe nur Augen für Laura. Ich streichele ihre blasse Wange, fahre durch das feurige Haar, küsse den blutroten Mund. Sie erwidert den Kuss, ich drücke sie an die Wand und meine Hand wandert vom Hinterkopf langsam ihren Rücken herunter, während sie mich langsam in die Mitte des Zimmers schiebt. Ich stolpere über das Lammfell, sie lacht, wie jede Nacht. Wir lassen uns fallen. Wir lieben uns. Als wir gleichzeitig kommen, bebt die Erde. Das war neu in dieser Nacht.

Die Zeit vergeht, ihr warmer Kopf liegt auf meiner Brust. Sie richtet sich auf und öffnet den Mund. Sie will sagen, sie liebe mich, wie jede Nacht, doch statt Worte höre ich eine Sirene. Ich schrecke auf. Zu früh, es ist zu früh!

Ich öffnete die Augen. Am anderen Ende meines kleinen Zimmer leuchtete der kleine Monitor meines Terminals. Es blinkte in grellen Farben und die Sirene klirrte in meinen Ohren. Mit rasendem Herzen schaltete ich den Wecker aus. Darunter blinkte der kleine Briefumschlag. Ich tippte zwei Mal daneben. Ich atmete tief durch, mein Herz beruhigte sich und so auch meine Hand. Ich tippte auf den Briefumschlag und die Nachricht öffnete sich:

Betreff: Schichtwechsel

Auf Grund eines Schachteinsturzes wurde Ihre Schicht gewechselt. Bitte legen sie sich 1200 schlafen, damit sie 2200 mit der Nachtschicht beginnen können.

Die Verwaltung

Ich seufzte und setzte mich auf mein Bett. Es war 0400. Ich musste also wach bleiben, doch was sollte ich um 4 Uhr am Morgen nur tun? Im Gemeinschaftsbad traf ich Henry, der am anderen Ende des Gangs wohnte.

»Weißt du mehr über den Einsturz?«, fragte er mich, während ich die Zähne putzte. Ich schüttelte den Kopf.

»Die sagen einem ja nie etwas.« Ich spuckte aus und antwortete: »Was würde das ändern? Havarie ist Havarie. Mach keine Freunde und du musst nichts wissen.«

»Da hat aber jemand gute Laune.«

»Entschuldige. Es ist einfach zu früh für mich. Ich verstehe nicht, warum ich nicht entscheiden darf, wann ich aufstehe.«

»Aus demselben Grund, warum wir nicht erfahren, wer in dem Schacht war. Optimale Arbeitsbedingung.«

Ich grunzte. »Ja, nur für wen?«

»Der Einsturz ist ja nicht das einzige Problem. Hast du von den Komapatienten gehört?«

Ich schüttelte den Kopf. Ich vermied in der Regel den Tratsch und auch die Nachrichten. Was ich nicht wusste, konnte mich nicht aufregen. Oh ja, ich war ein guter Angestellter.

»In den letzten Wochen sind vier Kumpel einfach nicht mehr aufgewacht. Keiner weiß wieso.«

»Und?«

»Na die waren alle in Stollen 6. Bist du da nicht auch? Vielleicht ist da ja irgendein Gas oder so.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Das würde doch die Firma herausbekommen. Im Koma kann man nicht arbeiten.«

»Ich mein ja nur. Ich muss los.«

Abends konnte man noch ein Bier trinken, doch am Morgen war die einzige Möglichkeit durch die Siedlung zu stromern. Ich befand mich irgendwann in der Krankenbaracke und starrte auf die schlafenden Kumpel. Ich erkannte sogar Georg wieder und schluckte. Gas, dachte ich. Ich atmete tief ein und wollte zur Kantinenbaracke, als die Schwester plötzlich vor mir stand.

»Schlimm, nicht wahr. Und so frustrierend.«

Ich nickte nur. Was sollte ich auch schon sagen. Ich war Kumpel, nicht Arzt.

»Kennen sie einen der Patienten?«

Ich nickte erneut und zeige auf Georg. »Wir hatten ein paar Schichten zusammen. Ich glaube, wir träumten dasselbe.«

Die Krankenschwester lächelte. »Sicher nur, weil sie sich davon erzählt hatten.«

Ich nickte, war mir aber gar nicht so sicher. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte mir Georg von Laura, nein er nannte sie Sarah, erzählt, nachdem ich bereits von Laura geträumt hatte. Oder doch nicht?

Ich entschuldigte mich und grübelte noch eine Weile beim Frühstück über die Träume nach. Laura. Wie sehr wollte ich jetzt in ihren Armen liegen. Konnte ich mich irgendwo in eine Ecke setzen und schlafen? Würde die Firma etwas mitbekommen?

Ich riskierte es nicht. Anordnungen der Firma zu missachten, wurde mit dem sofortigen Rauswurf bestraft. Ich sah mir einen Film an, versuchte etwas zu lesen und war froh, als ich endlich um 12 Uhr in mein Bett konnte. Ich schief sofort ein.

Ich bin wieder auf dem Hügel, um mich herum strahlt mich das Gras erneut an. Ich fühle mich wohl und geborgen. »Hallo«, höre ich ihre Stimme sagen.

»Hallo«, sage ich. Ich musste nicht warten. Ich lächele.

»Du bist früh«, sagt sie und ich nicke. Trotz der fast zwölf Stunden Unterschied, sieht die Umgebung genauso aus wie in meinen Nachtträumen.

»Schichtwechsel«, sage ich. Ich mache einen Schritt auf sie zu, will sie in den Arm nehmen, doch sie weicht mir aus.

»Warum?«

»Warum, was?«

»Warum der Schichtwechsel?«

»Ist das wichtig?«

»Ja. Nachts sind die Träume besser«, sagt sie.

»Ich versteh nicht. Es ist doch alles wunderbar.«

Sie schüttelt den Kopf. Ich kneife die Augen zusammen. Ich sehe mich um. Niemand links und rechts zu sehen. Es ist wie immer. Was hat sie? Ich frage sie und sie beginnt zu weinen.

»Laura.« Ich mache erneut einen Schritt auf sie zu, sie sieht mich an, Tränen kullern die Wange herunter. Sie umarmt mich, küsst mich auf die Wange und haucht: »Es tut mir leid.«

Ich verstehe nicht, will sie von mir stoßen, sie ansehen, doch sie klammert sich an mich, drückt immer fester, ich bekomme keine Luft.

»Laura«, sag ich, »du tust mir weh.«

»Ich weiß«, haucht sie und drückt immer weiter. Es muss sie doch ebenfalls schmerzen. Ihre Arme umklammern meinen Körper, mein Brustkorb schreit auf, als ein lautes Knacken das Brechen einer Rippe betonte. Ich schreie auf, versuche mich aus ihrem Griff zu winden. Jede Bewegung begleitet von einem Schrei. Ich kann ihren Griff nicht lösen. Die Rippe bewegt sich weiter nach innen. Sie wird meine Lunge durchbohren! Sie wird mich umbringen! Ich schreie, schlage auf die Frau ein, doch sie scheint meine Schläge gar nicht zu bemerken. Immer weiter presst sie ihren Körper an meinen.

»Es tut mir leid!«

***

»Nicht schon wieder«, sagte die Krankenschwester, als sie den Kumpel in den Raum schoben. Sie schloss ihn an die Geräte an und strich ihm durch die Haare. Sie hatte ihn sofort wieder erkannt. Der Kumpel, der heute Morgen hier war.

»Was ist nur mit euch passiert?«, fragte sie in die Runde, bevor sie den Raum verließ.

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